Alles, was du über Acrylic Pouring wissen musst
Inhalt:
- Was ist Acrylic Pouring?
- Welche Vor- und Nachteile hat Acrylic Pouring?
- Was braucht man für Acrylic Pouring?
- Vorbereiten des Arbeitsplatzes
- So geht Acrylgiessen: Das Mischen
- 3 Pouring Techniken zum Ausprobieren
- Trocknungszeit des Pours
- Ergebnis und Versiegelung“
Was ist Acrylic Pouring?
Beim Acrylic Pouring, auch Acrylic Fluid Painting genannt, gießt man flüssige Acrylfarben anhand verschiedener Techniken, auf einen Malgrund, meist eine Leinwand. Durch das Hin- und Herbewegen bzw. Neigen der Leinwand, beeinflusst man die Fließrichtung und Verteilung der Farben.
Wenn man sich auf Instagram und Facebook umschaut, ist Acrylic Pouring gerade das Thema bei Hobbymalern und Kreativen. Da man eine Menge anschaffen muss, gehe ich für euch kurz darauf ein, was ich als die Vor- und Nachteile empfinde, damit ihr dann für abwägen könnt, ob ihr trotzdem Lust darauf habt.
Vor- und Nachteile von Acrylgiessen
Vorteile:
- Man braucht kein großes Zeichentalent oder handwerkliches Geschick. Man muss nur den Dreh herausbekommen, wie es geht und kann wunderschöne abstrakte Gemälde kreieren. Mit „wie es geht“ meine ich vor allem das optimale Mischverhältnis der Materialien.
- Es geht schnell: Ein paar Farbbecher zusammenmischen, rüber über den Malgrund und schon ist der Pour fertig. Ich bin manchmal sehr ungeduldig und setze mich nicht gern Tag für Tag an dasselbe Bild. Da ist so ein Schnellschuss manchmal eine tolle Abwechslung.
- Man überrascht sich selbst: Man hat, gerade am Anfang, wenn man die Materialien noch nicht so gut kennt, kaum einen Einfluss darauf, wie das Werk am Ende wird. Hat man dann das unvorhergesehene Farbfeuerwerk mit zarten Bläschen vor sich, ist das wie ein kleines Geschenk.
Nachteile:
- Die Materialien, die für mich funktionieren sind ziemlich teuer und man braucht sehr viel davon. Wie der Name schon sagt, geht es ja darum, die Farbmischung über die Leinwand zu gießen und ein großer Teil von Farbe und Gießmedium fließt dann natürlich auch einfach daneben.
- Es ist eine extreme Sauerei: die Farbe, die an der Seite herunterfließt, die vielen farbverschmierten Becher, die dreckigen Handschuhe… Man muss sehr aufpassen, nicht irgendwo hineinzutreten oder sich vollzuschmieren und dann die Farbe durch das ganze Haus zu tragen.
- Man braucht jedes Mal eine ganze Weile, um die Überbleibsel des Pours wieder aufzuräumen und alles sauberzumachen und abzuwaschen. Die Vorbereitung dauert ebenfalls lange, vor allem wenn man keinen extra dafür vorbereiteten Arbeitsplatz hat: Alles zusammensuchen und zurechtstellen, die Arbeitsfläche mit Schutz auslegen, die Farbbecher zusammenmischen, alles umrühren. Ich denke, für einen einfachen Pour bereite ich 10 Minuten vor, der Acryl Pour selbst dauert 20 bis 30 Sekunden und dann räume ich noch mal 10 Minuten auf. Man kann natürlich mehrere Pours machen, aber dann muss man ja auch wieder neu mischen.
Die Ergebnisse fand ich selbst so schön, dass ich trotzdem nicht genug davon bekommen kann. Für alle, die Acrylic Pouring auch ausprobieren wollen, folgen jetzt Anleitung und Tipps:
Was man für Acrylic Pouring braucht:
Im Prinzip ist das eine Mischung aus der Basisausstattung, die wahrscheinlich jeder daheim hat, der auch Acrylmalerei macht sowie benötigten und optionalen Materialien. Die optionalen sind die, ohne die es auch geht, aber nicht ganz so einfach und die, die man nur für bestimmte Techniken braucht.
Basisausstattung
- Acrylfarben
- Leinwände, Keilrahmen oder Holzpappen
(Es müssen stabile Malgründe sein. Nehmt kein Papier oder Pappe; die wellen sich wegen der hohen Feuchtigkeit) - Wasser
- einen Schutz für den Boden. Ich nehme immer diese grauen Malerteppiche
Benötigte Materialien:
- Silikonöl
Silikonöl braucht man für die Zellenbildung, also damit die unteren Farbschichten durch die oberen „hindurchbrechen können“. Ich benutze dieses Silikonöl mit 400 CST. Die Flasche ist riesig und hält ewig, weil man ja nur wenige Tropfen pro Pouring braucht. Das Öl ist auch mit anderen CST Werten erhältlich. Da ich aber noch die erste Flasche habe, kann ich zu den anderen nichts sagen. Dieses Öl funktioniert für mich aber sehr gut.
- Plastik- oder Pappbecher
Ich nehme aus ökologischen Gründen Pappbecher und benutze sie auch oft mehrmals. Ich habe sie im 50er Pack bei Amazon bestellt:
- ein Gießmedium (dazu mehr im folgenden Kapitel)
Gießmedien für Acrylic Pouring (ebenfalls benötigt)
Unverdünnte Acrylfarbe ist zu dickflüssig, um sie zu gießen. Man braucht also eine Gießmedium, das man beimischt, um eine flüssigere Konsistenz herzustellen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten bzw. Gießmedien, die man nutzen kann:
Wasser
Ich greife vor: Für ein schönes Ergebnis reicht Wasser nicht. Ich würde aber empfehlen, es einfach mal auszuprobieren, um zu sehen, was passiert. Warum Wasser nicht funktioniert? Die Menge an Wasser, die nötig wäre, um die Acrylfarbe flüssig genug zu machen, würde das Verhältnis von Lösungsmittel und Bindemittel zerstören; die Farbe reißt und sieht matt aus.
Die folgenden 3 Gießmedien in verschiedenen Preisklassen eignen sich besser, da sie die Farbe verflüssigen und dabei aber die Farbstruktur nicht angreifen. Wasser kann man dann am Ende für die “Feinjustierung” der Konsistenz hinzufügen.
Professionelles Pouring Medium
Diese Pouring Medien wurden speziell für die Arbeit mit Acrylfarben entwickelt. Sie garantieren gute Fließeigenschaften, sind allerdings auch etwas teurer. Professionelles Gießmedium wird von verschiedenen Anbietern angeboten, z.B. Schmincke, Viva oder Goya. ich persönlich mag das von Liquitex am liebsten. Das bekommt ihr z.B. bei Boesner oder Amazon. bei Amazon ist es oft im Angebot und daher meist etwas günstiger:
Liquitex Gieß- und Pouring- Medium, 946 ml Flasche
Wer erst mal mit einer kleineren (und günstigeren) Flasche starten möchte:
Liquitex Pouring Medium, 237ml Flasche
Floretrol, 1 Liter
Floretrol ist ein alternatives Gießmedium. Das bedeutet, es wurde nicht extra für den Kunstbereich entwickelt, sondern ist eine günstigere „Notlösung“ aus dem Baumarkt bzw. Handwerksbereich. Es ist viel günstiger als die professionellen Pouring Medien und ich persönlich habe mit Floretrol sehr gute Erfahrungen gemacht – vor allem, wenn man es dem Liquitex Medium beimischt. Ich habe dieses ausprobiert und gleich einen großen Kanister gekauft, der immer noch nicht leer ist. Zu anderen Produkten kann ich also nicht nichts sagen. Mit diesem Floretrol bin ich allerdings sehr happy. Ich habe es bei Amazon bestellt:
PVA-Kleber
PVA-basierter Kleber ist das günstigste der drei Gießmedien, die ich bisher ausprobiert habe. Ich würde es aber nicht empfehlen, zu 100 % PVA-Kleber zu nehmen, weil er die Farben matt und glanzlos macht. Er eignet sich allerdings gut als günstiger „Auffüllstoff“ für alle, die Geld sparen wollen.
Wie bekommt man Zellen?
Eine schöne Zellbildung ist wohl das anspruchsvollste und unvorhersehbarste am Acrylic Fluid Painting. Zellen entstehen, wenn das beigemischte Silikonöl durch die wasserbasierten Acrylfarben “hindurchbricht”.
Zur Verstärkung dieses Effektes kann man Hitze einsetzen, z.B. mit einem Flambierbrenner. Ich poste euch hier einen Link rein, wo ihr ihn bekommt. Ich habe nicht denselben, aber einen ganz ähnlichen, der auch ähnlich wenig gekostet hat und er funktioniert super:
Durch die Wärme weicht die oben aufliegende Acrylfarbe und das darunterliegende Silikon wird noch schneller und deutlicher sichtbar. Aber Vorsicht: Geht mit der Flamme nicht zu nah an die Farben heran und haltet sie nicht zu lange daran, sonst verbrennen sie. Das ist mir auch schon passiert und glaubt mir, es lohnt sich nicht. Am besten, ihr schaltet den Brenner immer nur kurz an und dann wieder aus, um die Entwicklung der Zellen zwischendurch beobachten zu können.
Das Mischverhältnis
Die Herausforderung beim Acrylic Pouring ist, ein Mischverhältnis aus Farben, Pouring Medium, Silikonöl und Wasser hinzubekommen, mit dem die Farben gut fließen, strahlen, nicht reißen und sich Zellen bilden.
Es gibt online zahlreiche Anleitungen und Tipps und jeder empfiehlt etwas anderes. Für mich hat sich folgendes Mischverhältnis bewährt:
- 50 % Acrylfarbe
- 40 % Pouring Medium
- 10 % Wasser
- 3-4 Tropfen Silikonöl
Vor dem Anfangen: die Vorbereitung
Bereitet euren Arbeitsplatz gut vor. Wie gesagt: Acrylic Pouring ist nicht gerade eine saubere Angelegenheit. Deswegen:
- Legt eure Arbeitsfläche mit einer Unterlage aus.
- Zieht euch Handschuhe an (am besten sind Einweggummihandschuhe).
- Stellt alles bereit.
- Überlegt euch, wo euer Werk trocknen soll.
Alles bereitzustellen empfehle ich, weil am Ende alles ganz schnell geht. Wenn euch beim Gießen – mit verschmierten Handschuhen und flüssiger Farbe überall – einfällt, dass ihr noch den Flambierbrenner holen müsst, ist das nicht so optimal.
Das fertige Werk sollte auch sofort an einem sicheren Ort und erhöht zum Trocknen abgelegt werden. Sobald ihr die Leinwand erst mal abgelegt habt, wird es schwer, diese wieder aufzunehmen, ohne dass hässliche Spuren in der feuchten Farbe entstehen. Und lasst euer Werk bloß nicht auf einer Fläche liegend trocknen. Die Massen an feuchter Farbe trocknen so fest, dass entweder die Leinwand unten vom Rahmen abreißt oder Teile der Unterlage an eurem Rahmen kleben bleiben. Been there, done that. Ich messe vorher die Abstände des Rahmens, lege die Oberfläche meines Kleiderschranks mit Folie aus, stelle dort oben die Becher auf und lege das fertige Bild dann darauf. Diese oder eine ähnliche Maßnahme würde ich jedem empfehlen, der nicht wissen möchte, wie viel Acrylfarbe ein erschrockener Kater, der über das Bild gelaufen ist, in einer Wohnung verteilen kann.
Endlich loslegen: So geht Acrylic Pouring
Ihr braucht für jede Farbe, die ihr nutzen wollt einen extra Becher. In jedem Becher wird die Farbmischung separat angerührt.
Step 1: Füllt also jeweils in einen Becher etwas Farbe. Bei 3-4 Farben reicht für eine DIN A4 Leinwand ein fingerbreit Farbe.
Step 2: Gebt das Gießmedium oder verschiedene Gießmedien dazu. Nach meinem bevorzugtem Mischverhältnis wäre es noch mal knapp genauso viel Medium wie Farbe. Vermischt alles aber rührt dabei langsam um und vermeidet Luftbläschen in der Farbmischung.
Step 3: Die Konsistenz muss so flüssig sein, dass wenn ihr einen Spachtel oder ein Stäbchen hineintaucht und es abtropfen lasst, ein “Flüssigkeitsfaden” entsteht. Fügt bei Bedarf Wasser hinzu, um die gewünschte Konsistenz zu erhalten.
Step 4: Fügt das Silikonöl hinzu.
Praxistipp: Wollt ihr schöne, hell eingerahmte Zellen und klare Hell-Dunkel-Kontraste, dann lasst das Silikonöl bei der hellsten Farbe (also meistens Gelb oder Weiß) weg. So können die anderen Farben durch das Weiß “hindurchbrechen”.
3 Pouring-Techniken zum Ausprobieren
Puddle Pour
- Gießt die Farben “aufeinander” in die Mitte des Malgrundes. Keine Angst, sie werden sich nicht vermischen. Die Farben legen sich übereinander und ordnen sich dann beim Auseinanderlaufen in den pouringtypischen Mustern an.
Praxistipp: Gießt nicht erst alles von einer Farbe und dann alles von der anderen, sondern gießt mehrere Schichten derselben Farbe. So verteilen sich die Farben gleichmäßiger. - Neigt den Malgrund in verschiedene Richtungen und lasst die Farbe fließen. Mit de Neigung könnt ihr die Muster und die Verteilung der Farben beeinflussen.
Praxistipp: Ich habe die Farbe bei meinen ersten Versuchen immer sehr viel hin- und herlaufen lassen, um jedes Fitzelchen der Leinwand mit Farbe zu bedecken. Dadurch vermischen sich die Farben ungünstig und “vergrauen”. Zum Teil zerstört man durch zu viel Runtergießen auch die schönen großen Zellen, die sich schon gebildet haben. Lasst also ruhig Ecken frei. Das kann am Ende toll aussehen, vor allem, wenn z.B. das Weiß der Pouring Farbe mit dem weißen Untergrund verschmilzt, der sich an den freien Stellen zeigt. Geht natürlich entsprechend auch mit anderen Farben.
Dirty Pour
- Mischt die Farben wieder in getrennten Bechern an.
- Schichtet die Farben in einem Becher übereinander. Am besten gießt ihr sie wieder abwechselnd hinein und nicht erst alles von einer Farbe und dann alles von einer anderen. Sonst wird die Farbe, die ihr zuerst auf die Leinwand gießt, sehr dominant sein.
- Rührt die Farbe sehr vorsichtig um. Je mehr ihr umrührt, umso kleiner werden die Zellen.
- Gießt den vermischten Inhalt des Bechers auf den Malgrund.
- Neigt das Bild vorsichtig, bis euch das Ergebnis gefällt.
Flip Cup
- Mischt die Farben in separaten Bechern an.
- Schichtet sie in einem neuen Becher in regelmäßigen Ebenen übereinander, bis alle anderen Becher leer sind.
- Dreht den Becher in einer schnellen Bewegung um und lasst die komplette Farbe über den Malgrund fließen.
Das Umdrehen geht am besten so: Legt die Leinwand umgedreht, also mit der zu bemalenden Seiten nach unten auf den stehenden Becher. Drückt die Leinwand mit der linken Hand sanft auf den Becher, damit die Öffnung dicht verschlossen ist. Dreht das Ganze um, bis die Leinwandfläche nach oben zeigt und die Becheröffnung senkrecht nach unten. Stellt die Leinwand ab und hebt den Becher vorsichtig an. - Neigt die Leinwand und lasst die Farben fließen, bis euch das Ergebnis gefällt.
Tipp für Fortgeschrittene: Noch abwechslungsreichere Effekte erzielt ihr, wenn ihr mehrere Flip Cups auf einem Malgrund macht und die Farben ineinanderfließen lasst. Die Koordination beim Umdrehen ist allerdings etwas anspruchsvoller und kann in einer großen Sauerei enden, wenn der Becher zu früh umfällt. Ich würde daher mit einem Becher und einer kleineren Leinwand starten.
Trocknung: Seid geduldig
Wer vorher schon mal mit Acrylfarbe gearbeitet hat, weiß, dass die Trocknung eigentlich nicht so lange dauert. Da die Farben aber hier sehr flüssig sind, sollte man aber mindestens 24 Stunden einplanen, bis das Werk komplett durchgetrocknet ist. Lagert es an einem Ort, wo es geschützt ist und niemand dranstoßen, drauffassen oder drauftreten kann. Und wartet lieber ein paar Stunden mehr. Wer drauffasst, um zu schauen, ob die Farben trocken sind, bekommt diese Spuren nicht mehr weg. Wenn man das Bild zu früh neigt und die halbtrockenen Farben das Werk noch verzerren, sieht das auch nicht schön aus.
Erwartungen und Versiegelung
Erst mal vorweg: Bei den ersten Malen ist mal fasziniert von den tollen Effekten, die auf dem Malgrund entstehen. Es ist aber auch völlig normal, dass ihr einige Anläufe braucht, bis euch ein Ergebnis richtig gut gefällt. Bis ich selbst fand, dass meine Farbkombination perfekt war, die Zellen so, wie ich sie wollte, die Verteilung auf der Leinwand schön aussah und am Ende die Farbe nicht riss, habe ich viele Leinwände “versaut”. Ich schreibe das in Anführungszeichen, weil es anfangs etwas frustrierend ist, aber man sollte seinen Frieden damit machen, dass man die Eigenschaften und das Verhalten der Materialien eben auch erst mal kennen lernen muss und es Übung braucht, wie bei jeder anderen Form der Malerei auch. Ich übermale die Bilder, die mir nicht gefallen dann einfach wieder mit Grundierweiß oder Schwarz und starte einen neuen Versuch.
Habt ihr dann ein Ergebnis, was euch komplett überzeugt, solltet ihr es nach dem Trocknen versiegeln. Durch das Trocknen verliert es seinen schönen feuchten Glanz. Mit Acryl Glanzlack schützt ihr nicht nur die Oberfläche, sie bleibt auch glänzend und die Farben behalten ihre Strahlkraft.